BERATERMARKETING. Seit einiger Zeit werden Berater wieder gehäuft von Inkassounternehmen zum Bezahlen eines Schadensersatzes oder nachträglicher Lizenzgebühren für das angebliche Verletzen von Bildrechten aufgefordert.
Häufig handelt es sich dabei um Schreiben bzw. E-Mails der Copytrack GmbH, Berlin, laut Internet einem „Inkassounternehmen, das im Internet nach unerlaubten Bildnutzungen sucht. Wird es fündig, drängt es wahlweise zum Kauf einer nachträglichen Lizenz, meist in Form eines stark überhöhten Lizenzvertrags, oder fordert zu einer Strafzahlung in gleicher Höhe auf.“
Das Inkassounternehmen ist bekannt für ….

„Mit angedrohten Abmahnungen wegen der Verletzung von Bildrechten kann man viel Geld leicht verdienen.“
Eine solche Aufforderung erhalten Selbstständige und Dienstleister wie Berater. zuweilen laut einem in der Mitgliederzeitschrift M der Gewerkschaft Verdi veröffentlichten Artikel, selbst dann, wenn sie zum Beispiel in einem Blog-Beitrag ein Foto von einer Plattform verwendet haben, die wie Flickr ausdrücklich Fotos „zur freien und kostenlosen, auch zur gewerblichen Nutzung“ zur Verfügung stellt.
Dabei versendet das Inkassounternehmen, das nach eigenen Angaben schon „über 200.000 Fälle von Bilderdiebstahl erfasst, nachträglich lizenziert und rechtlich durchgesetzt hat“, dem Artikel zufolge anscheinend selbst dann Zahlungsaufforderungen, wenn unklar ist, ob der in ihrem Schreiben genannte Rechteinhaber auch tatsächlich der Rechteinhaber ist (siehe hier).
Auf „Abmahnung“ richtig reagieren & Geld sparen
Berater, die eine solche Aufforderung erhalten, sollten keinesfalls in Panik verfallen und einfach so – zum Beispiel aus Angst vor einem Rechtstreit – den geforderten Betrag bezahlen. Sie sollten vielmehr im Internet erst mal recherchieren, welches Vorgehen bei einer solchen Aufforderung von Copytrack sinnvoll ist. Denn dann finden Sie zum Beispiel auf der Webseite anwalt.de unter der Überschrift „Copytrack-‚Abmahnung‘ – richtig reagieren & Geld sparen“ zahlreiche Hinweise, wie man in einer solchen Situation reagieren sollte (siehe hier).
Nicht selten liegt gar keine Rechteverletzung vor
Dass bei Copytrack-„Abmahnungen“ zum Teil auch deren Versender unklar ist, ob überhaupt eine Rechtverletzung vorliegt, geht auch daraus hervor, dass die Schreiben oft als „Berechtigungsanfragen“ bezeichnet werden. Eine solche, die sie erhielt, stellte eine Beraterin uns freundlicherweise zur Verfügung.
In ihr wird die Beraterin u.a. aufgefordert, bis zu einem vorgegebenen Zeitpunkt an die Copytrack GmbH „einen Kaufnachweis sowie alle weiteren Lizenzinformationen“ zu senden. Danach heißt es in der E-Mail: „Ist dies nicht der Fall, so stellt Ihre Nutzung des Bildmaterials höchstwahrscheinlich eine Rechteverletzung dar.“ Also erfolge eine weitere anwaltliche Verfolgung, sofern der Empfänger der Mail keinen Schadenersatz von 350 Euro bezahle oder nachträglich eine einjährige Bildlizenz für 389.59 Euro erwerbe (siehe anonymisiertes Schreiben am Ende des Blog-Beitrags).
Problemfall: Bilder von Artikeln mit integrierten Fotos?
Wie groß die Abmahnwut von Copytrack ist, zeigt auch eine Berechtigungsanfrage beziehungsweise Zahlungsaufforderung, die ein österreichischer Berater (in englischer Sprache) erhielt. Der Anlass: Der Berater hatte auf seiner Webseite in der Rubrik Veröffentlichungen in Briefmarkengröße ein Bild der Startseite eines mehrseitigen Artikels veröffentlicht, der in einer Fachzeitschrift von ihm erschienen war. In das Layout dieses Artikels hatte die Redaktion zu Illustrationszwecken auch ein Foto integriert, wegen dessen Verwendung der Berater nun ebenfalls zur Bezahlung von fast 400 Euro aufgefordert wurde – und dies obwohl der Verlag die Rechte zur Veröffentlichung des Fotos erworben hatte.
Wie die Rechtssituation bei der Veröffentlichung des Bilds eines Artikels, in den auch ein Foto integriert ist, durch Dritte ausschaut, konnten dem Berater in mehreren Telefonaten auch die Rechtsanwälte des Verlags nicht sagen. Ob der Berater daraufhin den geforderten Betrag an dem Inkassounternehmen einfach überwiesen hat, um Ruhe zu haben – wie viele seiner Kollegen – das wissen wir leider nicht. Ebenso wissen wir nicht, ob das aktuelle Anschwellen der Zahl der Aufforderungen auf Zahlung eines Schadensersatzes oder nachträglicher Lizenzgebühren wegen angeblicher Bildrechtsverletzungen auf einen verstärkten KI-Einsatz bei den Inkassounternehmen zurückzuführen ist. Möglich wäre es.
Vertritt Copytrack überhaupt den Inhaber der Bildrechte oder …?
Auffallend ist übrigens auch, dass in allen „Berechtigungsanfragen“, die wir kennen, derselbe „Rechteinhaber“ als Mandant genannt wird, obwohl die beklagten Fotos einen völlig unterschiedlichen Charakter haben. Lohnenswert wäre es deshalb auch eventuell bei Copytrack mal nachzufragen, ob das Unternehmen überhaupt belegen kann, dass
- es den betreffenden Herren vertritt und
- das beklagte Bild überhaupt von ihm stammt.
Ergänzung, am 12.10.2023: Heute erhielten wir von der oben erwähnten Beraterin den Hinweis, dass der in dem „Berechtigungsanfrage“ von Copytrack genannte Rechteinhaber an dem beklagten Bild – laut Adobe- bzw. Fotolia-Angaben – gar nicht der Rechtinhaber ist. Als sie u.a. dies Copytrack mitteilte, bekam sie von dem Inkassounternehmen folgende lapidare (Standard-)Antwort:
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Wir haben die von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen geprüft und sind zum Entschluss gekommen, diesen Fall zu schließen.
Wir danken Ihnen für Ihre freundliche Zusammenarbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothy
Dieses Vorgehen von Copytrack legt den Verdacht nahe, dass die Bildrechtenachfragen von Copytrack zumindest teilweise ein Fake sind beziehungsweise Schreiben, die das Inkassounternehmen einfach so auf Verdacht ohne Mandat versendet, in der Hoffnung, dass einige Empfänger dieser Schreiben – um die Angelegenheit schnell vom Tisch zu haben und aus Angst vor einem Rechtsstreit – die Forderung (ungeprüft) bezahlen.
Berechtigungsanfrage an die mit uns befreundete Beraterin
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