… denn ich zweifle immer mehr am menschlichen Verstand und daran, dass die sogenannte westliche Wertegemeinschaft überhaupt noch besteht.

And the winner is: Donald Trump
Bis zum letzten Moment hegte ich die Illusion: So „dumm“ kann die US-amerikanische Gesellschaft nicht sein, dass sie mehrheitlich Donald Trump erneut zum Präsidenten wählt. Doch nun steht fest: Donald Trump wird nicht nur der nächste US-Präsident sein, sondern die Republikaner haben zudem die Mehrheit im Kongress und Senat. Das heißt: Der „alte, weiße Mann“ kann sozusagen durchregieren, und all meine Hoffnungen lösten sich in Luft auf, weshalb mich eine tiefe Hoffnungs- bzw. Ratlosigkeit erfasst.
Gibt es die westliche Wertegemeinschaft überhaupt noch?
Okay, ich gestehe – ich war, ob der Unfähigkeit der deutschen Parteien sowie EU-Staaten sich angesichts der Herausforderungen, vor denen wir wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich stehen, auf einen gemeinsamen Kurs zu verständigen, mental ohnehin schon angeknackst. Doch dass nun die Nation, die in den Augen vieler Menschen wie keine andere für die westliche Wertegemeinschaft steht, einen krankhaften Egomannen, Rassisten, Frauenverächter usw., der – aus meiner Warte – alle westlichen Werte mit den Füssen tritt, zu ihrem Staatsoberhaupt wählt, gibt mir den Rest.
Können wir Männer über den Tellerrand hinaus schauen?
Und zunehmend beginne ich insbesondere an der Fähigkeit meiner Geschlechtsgenossen, also der Männer, zu zweifeln, über den Tellerrand hinauszuschauen, da sie – egal, ob alt oder jung, weiß oder farbig – überproportional oft Trump ihre Stimme gaben. Dass für viele Latinos aufgrund ihrer Macho-Attitüde eine Frau als Präsidentin unwählbar ist, verstehe ich ja noch, doch dass auch so viele weiße und schwarze Männer aus Überzeugung „Nein“ zu einer Frau sagten, erstaunt mich.
Gibt es den Klimawandel überhaupt?
Zunehmend zweifle ich auch an der Fähigkeit von uns Menschen – und wiederum insbesondere von uns Männern – in längerfristigen Kategorien zu denken und auch mal unsere kurzfristigen, weitgehend monetären Eigeninteressen zur Seite zu schieben. So erstaunte es mich während des Wahlkampfs in den USA beispielsweise immer wieder, dass in ihm das Thema Klimawandel keinerlei Rolle spielte, obwohl zeitgleich mehrerer Hurrikane nebst Überschwemmungen weite Teile unter anderem von Florida, North Carolina, Virginia verwüsteten.
An den Börsen knallen die Sekt-Korken. Zurecht?
Ich hoffte, das bewirkt auch ein teilweises Umdenken in Wirtschaftsfragen, auch aufgrund der hohen (Folge-)Kosten, die durch solche Ereignisse heute bereits entstehen (und die in den nächsten Jahren noch exorbitant steigen werden). Doch weit gefehlt, stattdessen wurde der Klimawandelleugner und Protektionist Trump mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Und in der Finanzwirtschaft, deren Vertretern nach Eigenaussagen das Thema „Nachhaltigkeit“ so wichtig ist, knallen die Sektkorken und die Börsenkurse schnellen nach oben. Auch der Wert meines Aktiendepots ist über Nacht um fast drei Prozent gestiegen. Doch freuen kann ich mich darüber nicht.
Auf die Raumschiffe von Elon Musk bauen und vertrauen?
Anders dürfte dies bei Elon Musk sein, denn viele meiner Geschlechtsgenossen bewundern und verehren und der zu den aktivsten Unterstützern von Trump im Wahlkampf zählte. Der Wert seines Unternehmens Tesla stieg über Nacht um fast 15 Prozent – vielleicht aufgrund der Hoffnung, dass die neue US-Regierung künftig Musks weiterem Unternehmen SpaceX den Bau der Raumschiffe finanziert, mit denen unsere (Enkel-)Kinder dann dereinst zum Mars fliegen, wenn die Erde unbewohnbar ist.
Hierbei stellt sich aufgrund der America-first-Politik von Trump nur die Frage: Werden in diesen Raumschiffen auch Europäer sitzen?
Ergänzung, 07. 11.2024: Heute morgen wurde mein „Zwischenruf“ auch in dem Portal consulting.de veröffentlicht. DANKE hierfür, Herr Geißler & Co.