DIGITALISIERUNG, KI-EINSATZ WEITERBILDUNGSMARKT. „Die digitale Transformation und der Fachkräftemangel wirken sich positiv auf die Nachfrage von Weiterbildungsanbietern aus ….“

Die Digitalisierung verändert den Weiterbildungsmarkt. Doch von einem Wachstum sehen die meisten Anbieter keine Spur.
Dies ist – zumindest laut einer Meldung auf dem Portal „personalintern.de“ – eines der zentralen Ergebnisse der Lünendonk-Studie „Der Markt für berufliche Weiterbildung in Deutschland“, die das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder „nach 15-jähriger Pause“ nun „zum zwölften Mal“ veröffentlicht hat.
Digitale Transformation: Wachstumstreiber für Weiterbildungsanbieter???
Zu den „wichtigsten Wachstumstreibern für die Weiterbildungsanbieter zählen“ der Studie (bzw. Meldung) zufolge „die digitale Transformation, die Einführung neuer digitaler Technologien und die damit verbundenen kulturellen und organisatorischen Veränderungen.“
Daran habe ich erhebliche Zweifel, denn zweifellos sind die genannten Faktoren starke Change- und Transformationstreiber im (Beratungs- und) Weiterbildungsmarkt, die – wie zurecht konstatiert – u.a. dazu führen, „dass sich Lernformate verändern und klassische Weiterbildungen um neue Formate wie Microlearning oder Gamification ergänzt werden.“ Doch, dass sie zu einem Wachstum des Weiterbildungsmarkts (und Beratungsmarkts) führen, daran zweifele ich stark.
Die Geschäftsklima-Indices des BDU sprechen eine andere Sprache
Zumindest die vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) vierteljährlich veröffentlichten Geschäftsklima-Indices sprechen eine andere Sprache. Sie konstatieren im Markt
- maximal eine „Seitwärtsbewegung bei geringer Marktdynamik“ und
- dass „insbesondere die HR-Beratungen pessimistisch in die Zukunft blicken“.
Der Weiterbildungsmarkt verändert sich, doch er wächst nicht

Viele Weiterbildungsanbieter sehen sich mit ganz neuen Mitbewerbern konfrontiert
Dies deckt sich mit meiner Markteinschätzung als Marketingberater für Berater, Trainer, Coaches – wobei ich gestehe, dass ich maximal eine Markeinsicht und keine Marktübersicht habe.
Während bei zahlreichen Beratungsunternehmen, deren Kernkompetenz weitgehend im Bereich Sanierung und Restrukturierung sowie Digitalisierung und technische Innovation liegt, das Geschäft brummt, herrscht beim Gros der Weiterbildungsanbieter eher eine „Katerstimmung“, weil
- die Unternehmen mit dem Erteilen von Trainings- und Coaching-Aufträgen seit langem sehr zögerlich sind (insbesondere, wenn diese den Softskill-Bereich tangieren) und
- sie sich zunehmend mit neuen Mitbewerbern konfrontiert sehen, die eigentlich eher Softwareunternehmen sind, den Unternehmen aber digitale und Ki-gestützte Lernprogramme sowie Training- und Coaching-Programme offerieren (und den klassischen Weiterbildungsanbietern somit Geschäft wegnehmen).
Deshalb ist meines Erachtens zwar die Aussage richtig, die fortschreitende Digitalisierung, wozu auch der verstärkte KI-Einsatz zählt, verändert den Weiterbildungsmarkt – und zwar fundamental. Er ist aber kein Wachstumstreiber.
Auch der Fachkräftemangel ist für viele Unternehmen zurzeit ein Randproblem
Dasselbe gilt übrigens für das Thema „Fachkräftemangel“: Er ist zurzeit für viele Unternehmen in zahlreichen Branchen kein brennendes Problem. Vielmehr sind sie mit den Themen Personalabbau und Kostensenkung beschäftigt, was selbstverständlich auch seine Spuren im Weiterbildungsmarkt hinterlässt.
PS.: Die Lünendonk-Studie selbst habe ich übrigens nicht gelesen. Ich kenne nur die Meldung hierüber im Portal personalintern.de; des Weiteren einige weitere Pressemeldungen hierüber, die alle weitgehend einhellig – unreflektiert (???) – die Botschaft weiterverbreiten „Der Weiterbildungsmarkt boomt dank der digitalen Transformation und des Fachkräftemangels“. Vermutlich aufgrund der in der Studie veröffentlichten Zahlen: Für 2023 wurde ein durchschnittliches Umsatzplus von 11,3 % vermeldet, für 2024 ein Wachstum von 5,1 und für 2025 wird ein weiteres Wachstum von 5,6 % prognostiziert. Wunderbar! Ich frage mich nur: Warum spüren bzw. spürten fast alle Weiterbildungsanbieter, die ich kenne, hiervon so wenig?

