27 Okt

Den HR- bzw. Personalbereich transformieren? 12 Thesen

TRANSFORMATION HR: Wenn Unternehmen fit für die VUKA-Welt sein möchten, muss sich auch ihr HR- bzw. Personalbereich teilweise neu erfinden. 12 Thesen von Viola Ploski, wohin die Reise geht.

 

Viola Ploski: „In vielen HR- bzw. Personalbereichen besteht ein großer Change- und Transformationsbedarf.“

In den vergangenen zwei, drei Jahren haben viele Unternehmen bedingt durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und die zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels existenziell erfahren: «Wir leben in einer VUKA-Welt.» Deshalb fragen sie sich: Wie können wir unsere Organisation fit machen für eine Welt, in der sich die Rahmenbedingungen unseres Handels immer schneller wandeln und eine langfristige Planung zunehmend schwierig wird. Im Rahmen dieses Change- bzw. Transformationsprozesses müssen sich auch ihre Personal- bzw. HR-Bereiche neu definieren; 12 Thesen, vor welchen Herausforderungen diese stehen.

 

These 1: Die HR-Bereiche müssen sich neu erfinden.

In vielen Unternehmen stehen zurzeit außer den aktuellen Handlungsstrategien und Organisationskonzepten auch die Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand. Das heißt, sie werden in naher Zukunft ganz andere als heute sein. Im Rahmen dieses Transformationsprozesses müssen auch die HR-Bereiche sich zum Teil neu erfinden, damit sie noch ihren Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leisten.

 

These 2: Die HR-Bereiche müssen agiler werden.

«Das sind wir doch schon», denken vermutlich einige Personaler. Das stimmt leider oft nicht! Wenn gute Fach- und Führungskräfte wirklich rar sind, sollten sich z.B. die Rekruter, wenn sie einen heißen Kandidaten an der Angel haben, auch mal ins Auto setzen und sich mit ihm an dessen Wohnort oder auf halber Strecke treffen. Dann darf die Personalauswahl bei Hochschulabsolventen nicht mehrere Monate dauern, weil dann die meisten schon einen Job haben. Ähnlich verhält es bei der Personalentwicklung. Auch hier müssen die HR-Fachkräfte verstärkt ihren «Elfenbeinturm» verlassen und auf ihre «Kunden» zugehen.

 

These 3: Die HR-Bereiche müssen echte Dienstleister sein.

Woran erkennen Kunden einen echten Dienstleister? An dessen Aussagen auf seiner Webseite und in seinen Broschüren? Nein! An seinem Verhalten im Kontakt. Meldet er sich zum Beispiel eigeninitiativ oder reagiert er nur auf Anfragen? Besucht er ab und zu seine Kunden oder ist ihm dies zu zeitaufwändig? Macht er sich die Bedürfnisse des Kunden zu eigen und sucht auch eigenständig nach Lösungen? Auch diesbezüglich besteht in vielen HR-Bereichen noch Optimierungspotenzial; das heißt, sie haben das Dienstleister-sein noch nicht verinnerlicht.

 

These 4: Die HR-Bereiche brauchen mehr IT-Know-how.

Aktuell werden die HR-Bereiche in vielen Unternehmen von deren IT-lern nicht ernst genommen, denn: Aufgrund ihres geringen IT-Know-hows fehlt ihnen oft sogar die erforderliche Bewertungskompetenz, was im Digitalisierungsbereich möglich und sinnvoll ist. Wenn in den Unternehmen künftig aber fast alle Prozesse computer- und netzgestützt ablaufen und die Digitalisierung ein zentraler Veränderungstreiber ist, dann gilt es im HR-Bereich eine hohe Digitalkompetenz aufzubauen. Zum Beispiel, indem in ihm mehr Personen mit einem großen, auch technischen IT-Know-how arbeiten. Oder indem die IT- und HR-Bereiche stärker kooperieren oder sogar teilweise verschmelzen.

 

These 5: Die HR-Bereiche müssen „Befähiger“ werden.

In vielen Großunternehmen ist das Personalentwicklungsangebot gigantisch. Für jedes Wehwehchen gibt es sozusagen ein Medikament – ähnlich wie in vielen, über die Jahre gewachsenen Hausapotheken. Dieses Angebot durch Online-Angebote noch weiter aufzublähen, kann nicht das Ziel sein. Vielmehr sollten die zentralen Fragen bei der Produktentwicklung lauten:
• Was braucht das Unternehmen, um seine Ziele zu erreichen, und was brauchen die Bereiche und ihre Mitarbeiter, um ihren Beitrag hierzu zu leisten? Und:
• Wie können diese Bedarfe am effektivsten befriedigt werden?
Und das vorhandene Angebot? Dieses kann man auch mal ausmisten – ähnlich wie die Hausapotheke.

 

These 6: Die HR muss sich an den «Ort des Geschehens» begeben.

Von Ferdinand Piech existiert die Erzählung, er habe, nachdem er Vorstandsvorsitzender der Volkwagen AG wurde, einige Tag in der Produktion mitgearbeitet, um live zu erfahren: Wo drückt der Schuh? Ähnlich müssen die HR-Bereiche agieren, wenn sie erfahren möchten,
• welcher Change-/Entwicklungsbedarf existiert im Unternehmen und
• wie kann er am effektivsten befriedigt werden.

Dann genügt es nicht, den Bedarf per Fragebogen zu erkunden. Die HR-ler müssen vielmehr den Dialog mit den Betroffenen suchen und teilweise in deren Erfahrungswelt eintauchen.

 

These 7: Die HR-Bereiche müssen sich als Kultur-Transformer verstehen.

Es ist nicht die Kernaufgabe der HR-Bereiche, Mitarbeitenden fehlende Skills zu vermitteln. Sie müssen vielmehr ihren Beitrag dazu leisten, dass sich das System Unternehmen in die angestrebte Richtung entwickelt. Deshalb müssen die HR-Bereiche auch strategisch denken und sich als Transformer und Kulturentwickler verstehen. Das beinhaltet auch, dass sie
• für die nötigen Veränderungen mit Nachdruck werben und
• in dem Veränderungsprozess als Vorbilder fungieren.
Entsprechend groß muss die Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der HR-Bereiche sein.

 

These 8: Die HR-Bereiche müssen für das nötige Alignment sorgen.

Die HR-Bereiche agieren stets im Spannungsfeld Person und Organisation: Es gilt die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Erfordernisse der Organisation unter einen Hut zu bringen. Dabei darf jedoch kein Wildwuchs zum Beispiel im Bereich Führung oder Kommunikation entstehen. Das Handeln aller Beteiligten muss sich vielmehr an definierten Handlungsmaximen orientieren, so dass sich die Unternehmenskultur, wozu auch die Führungs- und Lernkultur zählt, in die angestrebte Richtung entwickelt.

 

These 9: Die HR-Bereiche müssen hybride Lernwelten entwerfen.

Die moderne Informations- und Kommunikationstechnik bietet heute bereits viele Möglichkeiten, Lernarchitekturen zu schmieden, die zum Beispiel
• das Lernen in Präsenzveranstaltungen und das Online-Lernen verknüpfen und
• das eigenverantwortliche und -ständige Lernen in der Organisation puschen.
Deshalb wird es künftig eine zentrale Aufgabe der HR-Bereiche sein, in ihren Unternehmen eine (hybride) Lernlandschaft und -kultur zu etablieren, die deren Bedarf entspricht. Das beinhaltet auch, zu gewissen technischen Möglichkeiten „Nein“ zu sagen.

 

These 10: Den HR-Bereichen muss bewusst sein «Personalausgaben sind betriebliche Investitionen».

Das heißt: Sie müssen sich unter dem Strich für das Unternehmen rechnen. Eine entsprechend große Rolle sollten bei der Arbeit der HR-Bereiche die Frage spielen: Wie können wir diese möglichst effektiv gestalten? Hierzu zählt auch, bei Entwicklungsmaßnahmen regelmäßig zu checken: Sind wir bzw. die Lerner noch auf dem richtigen Weg? Hierzu gibt es gerade beim Online-Lernen sehr viele Möglichkeiten. Diese werden heute noch selten genutzt.

 

These 11: Die HR-Bereiche müssen nicht alles selbst entwickeln.

In den HR-Bereichen vieler (Groß-)Unternehmen lautet noch ein Credo „Wir müssen alle Tools und Maßnahmen selbst entwickeln, damit sie unserer Unternehmensphilosophie und Corporate Identity entsprechen“. Da der Entwicklungsbedarf der Mitarbeiter aber immer individueller und spezieller wird, kann dieser Selbstanspruch, wenn überhaupt, heute nur noch mit einem unangemessenen Ressourceneinsatz eingelöst werden.

Deshalb sollten sich die HR-Bereiche zum Beispiel fragen:
• Müssen wir wirklich jedes (Online-)Seminar selbst konzipieren oder können wir es auch einkaufen?
• Können wir beim Auf- und Ausbau unserer Lernplattform mit anderen Unternehmen kooperieren?

• Ist es betriebswirtschaftlich vertretbar, die Learning Nuggets für unsere Selbstlernprogramme alle selbst zu entwickeln oder können wir zum Beispiel auch Gratis-Videos im Netz nutzen?

 

These 12: Die HR-Bereiche müssen die Top-Entscheider bei der Zielerreichung unterstützen.

Dies ist auch nötig, damit ihnen die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Deshalb sollten sich die HR-Bereiche intensiver mit den Fragen befassen:
• Wie vermitteln wir den Top-Entscheidern im Unternehmen, die meist betriebswirtschaftlich denken, dass sich gewisse Investitionen im Personalbereich lohnen? Und:
• Wie erfassen wir deren Return-on-invest und vermitteln ihn unseren „Geldgebern“?
Das tun viele HR-Bereiche noch zu wenig.

Viola Ploski

Zur Autorin: Viola Ploski arbeitet als Senior Consulter für die Unternehmensberatung Kraus & Partner, Bruchsal . Sie ist auf die Themenfelder New Learning, Future Work Skills und Transformation-Management spezialisiert.

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