28 Mai

Mit Zertifizierungen punkten bzw. Vertrauen gewinnen

ISO-ZERTIFIZIERUNG MIT KI-TOOL. Zertifizierungen spielen bei den Kaufentscheidungen von Unternehmen eine immer größere Rolle – auch weil man den Werbeversprechen vieler Anbieter im Markt sowie Internet immer weniger vertrauen kann.

Das Internet und die Social Media haben es den Unternehmen ermöglicht, sich mit Werbebotschaften direkt an ihre Zielkunden zu wenden. Im Wettbewerb um deren Aufmerksamkeit überbieten sie sich dabei förmlich: Jedes gibt (gefühlt) vor, das Günstigste, Beste, Kundenorientierteste, Innovativste usw. zu sein. Doch was steckt wirklich hinter den vollmundigen Werbeversprechen? Das können die Adressaten oft nicht beurteilen.

 

 

Im allgemeinen Marktgetöse Profil zeigen

 

Bernhard Kuntz: Das „Marketinggetöse“ macht es für KMU immer schwieriger, die Aufmerksamkeit potenzieller Zielkunden zu wecken.

„Für die Kunden ist es schwieriger denn je, aus der Vielzahl der potenziellen Lieferanten bzw. Dienstleister, den für sie besten auszuwählen“, stellt denn auch Bernhard Kuntz, Darmstadt, fest. Und Top-Bewertungen im Internet? „Sie sind oft nur ein Beleg dafür, dass ein Anbieter das Online-Marketing beherrscht“, konstatiert der Inhaber der Marketing-Agentur Die PRofilBerater. Ähnlich äußert sich Dennis Berse, Geschäftsführer der Online Marketing-Agentur AdRock Marketing, Pfronten: „Es erfordert heute viel Energie, die Aufmerksamkeit der Zielkunden zu gewinnen, und ohne dass man als Unternehmen recht laut wird, erreicht man dieses Ziel leider oft nicht.“

 

Doch wie können Klein-Unternehmen und Solo-Selbstständige in diesem „lauten und omnipräsenten Marktgetöse“ potenzielle Kunden davon überzeugen, dass sie wirklich kundenorientiert sind und ihnen eine Top-Qualität liefern – obwohl sie nicht zu den Schreihälsen im Markt zählen? Insbesondere für KMU, die im B2B-Bereich tätig sind, stellt dies oft eine große Herausforderung dar; speziell dann, wenn sie sich gegen große etablierte Mitbewerber durchsetzen müssen, deren Marketingbudgets scheinbar unerschöpflich sind.

 

 

Zertifizierung als mögliche Problemlösung

 

Reinhard Wanzek, Vorsitzender des Bundesverbands unabhängiger Zertifizierungsstellen (BVUZ), Bonn

Eine Option ist: Die eigene Organisation und die Qualität ihrer Leistung zertifizieren lassen – beispielsweise gemäß der Qualitätsnorm ISO 9001. „Gerade für kleine Unternehmen und Selbstständige bietet eine ISO 9001-Zertifizierung große Vorteile“, betont Reinhard Wanzek, Vorsitzender des Bundesverbands unabhängiger Zertifizierungsstellen (BVUZ), Bonn. „Denn sie signalisiert potenziellen Kunden, dass der Anbieter Wert auf eine hohe Kundenorientierung und Qualität legt.“

 

Das Problem ist das damit verbundene Procedere. „Als wir uns erstmals mit den Vorgaben der Norm ISO 9001 befasst haben, wurden wir von deren Komplexität fast erschlagen“, erinnert sich Florian Kunze, der in der Geschäftsleitung des Arbeitsbühnen-Anbieters Kunze GmbH, Bruckmühl, für die Finanzen und die Digitalisierung zuständig ist: „Und eine Investition von mehreren Tausend Euro für eine monatelange Beratung kam für uns nicht in Frage“. Auch Bernd Brocher von der VerMaKom GmbH, Würselen, die Nachlass- und Notfallpläne für Auswanderer entwickelt, hatte das Problem: „Für kleine Unternehmen wie uns war der Aufwand für eine ISO 9001-Zertifizierung bislang einfach zu groß.“

Die Zahlen sprechen für sich: Von den vier Millionen KMU und Selbstständigen in Deutschland sind gerade einmal 50.000 offiziell zertifiziert. Der Grund: der hohe zeitliche und finanzielle Aufwand. Für eine ISO 9001-Zertifizierung müssen Selbstständige und Start-ups schnell mal 5.000 Euro berappen, bei Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten werden meist fünfstellige Zertifizierungsgebühren fällig.

 

 

Den Aufwand an Zeit und Geld mit KI reduzieren

 

Dr. Jens-Uwe Meyer, DICIS-Vorstand und Innovations-/Digitalisierungsexperte

Dieser Problematik haben sich inzwischen innovative Start-ups angenommen. So bietet zum Beispiel das DICIS (Digital Institut for Certification of international Standards), Leipzig, die Vorbereitung auf die Zertifizierung und die Zertifizierung sogar als monatliches Abo an: zum „Professional“-Preis von 149 Euro/Monat „für bis zu 10 Nutzer“. Das Unternehmen setzt dabei auf den Einsatz künstlicher Intelligenz. „In weniger als einer halben Stunde erarbeiten sich Unternehmen und Selbstständige mit Hilfe unseres KI-Assistenten die Grundstruktur ihres Qualitätshandbuchs nebst den notwendigen Dokumenten wie Stellenbeschreibungen, Arbeitsanweisungen usw. – primär durch Eingabe der relevanten Eckdaten“, erklärt DICIS-Vorstand Dr. Jens-Uwe Meyer. „Die KI passt die Inhalte der Unterlagen dann exakt an das Unternehmen an.“ Danach beginnt die Umsetzung, bei der sich die Beschäftigten des Unternehmens unter anderem per digitaler Unterschrift dazu verpflichten, die Vorgaben der Norm einzuhalten.

 

„Die KI übernimmt bzw. steuert sozusagen den Prozess, der bislang nicht selten über ein Jahr dauerte“, erklärt Meyer. Damit entfällt neben dem finanziellen das bisher größte Hindernis einer ISO 9001-Zertifizierung: „Für die meisten Selbstständigen und KMU stellte diese bisher eine bürokratische Mammutaufgabe dar, die sie neben ihrer Alltagsarbeit nicht leisten konnten.“

 

Nachweislich und sicher Qualität produzieren

 

Organisationsberater Klaus Doll, Neustadt an der Weinstraße: „Zertifizierungen gewinnen an Bedeutung“

Zertifizierungen werden in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Davon ist der Organisationsberater Klaus Doll, Neustadt an der Weinstraße, überzeugt: „Nicht nur aufgrund der steigenden Zahl gesetzlicher Auflagen, die Unternehmen zu erfüllen haben, sondern auch, weil die Marketingbotschaften der Anbieter speziell im Netz immer effekthascherischer werden, um möglichst viele Leads zu generieren.“ Deshalb werden, so Dolls Vermutung, Zertifizierungen zu immer wichtigeren Differenzierungsmerkmalen für Unternehmen im Wettbewerb werden – sofern die Zertifikate von vertrauenswürdigen Zertifizierern stammen.

 

Sowohl die Kunze GmbH als auch die VerMaKom GmbH haben sich dafür entschieden, bei ihrer Zertifizierung auf eine teure Beratung zu verzichten und stattdessen eine innovative KI-Lösung zu nutzen. „Denn ich kann mir nicht vorstellen, wie kleine Unternehmen so komplexe Normen wie die der ISO 9001 – neben ihrer Alltagsarbeit – ohne KI-Unterstützung hinbekommen sollen“, erklärt VerMaKom-Geschäftsführer Brocher. Und sein Kollege Florian Kunze von der Kunze GmbH ergänzt: „Der Bürokratieaufwand ist für Unternehmen auch ohne ISO 9001 schon enorm. Deshalb war für uns klar: Wenn wir uns mit dem Thema Zertifizierung befassen, dann innovativ“ – also mit KI-Unterstützung.

 

KI-Nutzung zur Zertifizierung ist zeitgemäß

AdRock Marketing ließ sich ebenfalls mit Hilfe des innovativen DICIS-Ansatzes zertifizieren. „Denn wir leben in einer zunehmend digitalen Welt“, sagt Geschäftsführer Dennis Berse. „Da wirken die traditionellen Zertifizierungsverfahren geradezu aus der Zeit gefallen.“ Anders mag dies aus der Warte von Großunternehmen sein, die in ihren Stabsabteilungen die erforderliche Manpower haben.

Janne Siemens

 

Zur Autorin: Janne Siemens, Darmstadt, arbeitet als freie Journalistin. Sie ist auf Personal- und Unternehmensführungsthemen spezialisiert.

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